Software is eating the world

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„Software is eating the World.“ Marc Andreessen

Aus allen Richtungen strömen in den letzten Jahren die Eindrücke auf die Gesellschaft ein, mit der einen Botschaft: „Alles wird digital, Produktion verschwindet, Dienstleistung gewinnt.“ Egal ob im Studium, auf Fachkongressen, bei Weiterbildungen oder in den Medien, alle scheinen sich darin einig zu sein, dass die Produktion von einfachen Gütern in Deutschland keine Zukunft hat. Eine Entwicklung, wie Sie viele Unternehmer erleben.

Ich selbst bin Gesellschafter und Geschäftsführer der FiMAB GmbH & Co. KG, einem mittelständigen Blechbearbeitungsbetrieb mit Sitz südlich von Stuttgart, im Nordschwarzwald, geführt in der 2. Generation. Seit fast 35 Jahren beschäftigen wir uns mit der Blechbearbeitung und fertigen mit inzwischen 35 Mitarbeitenden Blechkomponenten nach den Zeichnungen der Kunden aus Stahl, Edelstahl und Aluminium wie beispielsweise Schutzverkleidungen, Maschinengestelle, Elektronikgehäuse und sonstige Komponenten in einer hohen Fertigungstiefe, welche im Maschinenbau, der Lebensmittelindustrie, der Automatisierungsbranche, oder im Sonder­fahrzeugbau benötigt werden.

Mit anderen Worten: Wir sind ein Musterbeispiel für solche Unternehmen, für die eine schwierige Zukunft prognostiziert wird.

Weiter so ist keine Option

Natürlich gab es auch bei FiMAB Ideen, mit neuen Kunden und einem ausgezeichneten Kundenservice mehr Umsatz als Dienstleister im Bereich Blechkomponenten zu machen und somit gleichzeitig die Marktposition zu festigen. Was sich jedoch in einem teilweise hart umkämpften Markt alles andere als trivial herausgestellt hatte. Einfach weiter so war für uns keine Option, das wurde schnell deutlich. Aber wenn nicht so, wie dann?

Inspiration aus einer anderen Welt

Dann war da plötzlich diese Unternehmerreise mit „tempus. GmbH“ und „GEDANKENtanken GmbH“ in die USA nach Las Vegas, San Francisco und Palo Alto zu den Start-Ups und den führenden digitalen Unternehmen wie Zappos, Salesforce, Google, LinkedIn, Zoom, etc., sowie der Universität Stanford.

Das Schlüsselerlebnis zu diesem Projekt geschieht allerdings bei einem Rundgang durch San Francisco, vorbei am „Apple flagship store“ mit seinen riesigen Türen, wo das Verkaufen von Produkten längst nicht mehr im Vordergrund steht. Vorbei am größten Gebäude der Stadt, dem Salesforce Tower und mit einem Stopp in einem Restaurant, in dem ausschließlich Roboter arbeiten.

Ganz beiläufig kommt der Hinweis von Christoph Burkhardt, der die Gruppe durch die Stadt führt, auf Indochino, einem unscheinbaren Laden in der Post Street und gleichzeitig der Name einer Marke, die maßgeschneiderte Kleidung anbietet. Er erklärt, dass dieses Ladengeschäft eine Neuigkeit sei, weil die Marke bisher nur im Internet vertreten war. Das eigentlich Neue daran aber ist, dass man sich im Laden vermessen lassen kann. Diese Messdaten werden dann auf das Anzugsmodell übertragen, in ihrer Komplexität am Modell reduziert um dann, Just-In-Time in einem automatisierten Fertigungsprozess einen individuellen Maßanzug zu fertigen. Nach wenigen Tagen kann der Kunde seinen Maßanzug im Laden abholen oder sich nach Hause schicken lassen.

Connecting the dots

Beim Weitergehen in den imposanten Häuserschluchten San Franciscos gehen mir diese Gedanken nicht mehr aus dem Kopf. Genauso, wie bei Indochino die Maße des Kunden auf ein Anzugsmodell übertragen werden, genauso überträgt FiMAB die, mittels Online-Software eingegebenen Daten der Kunden auf die digitalen Modelle der Schalt-schränke. Genauso, wie dort die Daten in eine automatisierte Produktion führen, wer-den bei FiMAB die Daten über automatisierte Schnittstellen in die Programmierung der Fertigungsmaschinen und die Auftragssoftware übertragen. Christoph Burkhard be-schreibt dieses Geschäftsmodell mit „Segment of One“ und meint, dass dies ein neuer Trend im Silicon Valley sei.

Mit einem Mal ist mir klar, dass wir mit unserem bis dahin entwickelten Konfigurator, genau dasselbe tun, dass Fertigung 4.0 nur so Zukunft hat und dass das Unternehmen unbedingt mit allen zur Verfügung stehenden Ressourcen dieses System voranbringen muss. Das ist die Geburtsstunde von ARMARiO und für FiMAB der Initialfunke zum Wandel.

Einfach Machen

Im Jahr 2016 hatte ich im Rahmen meines Bachelorstudiums bereits einen Konfigurator für Schaltschränke entwickelt und das System in die bisherigen Prozesse des Blechbearbeitungsbetriebs integriert. Die Cloudsoftware arbeitete auf Basis des „Adobe Flash Player“. Dieser wird aus Sicherheitsgründen von immer mehr Browsern in seiner Funktion begrenzt oder sogar ausgeschlossen. Schon von Beginn an zeigte das Kundenfeedback, dass dieses Add-In nicht in allen Firmen eingesetzt werden durfte und FiMAB dadurch immer wieder Kunden verlor. Diese Art der Programmierung war somit nicht mehr zeitgemäß und eine weitere Skalierung des Umsatzes nicht machbar.

Zudem erkannten wir, dass eine Software allein nicht genügt, um das Geschäftsmodell radikal zu ändern und das Unternehmen zum Erfolg zu führen. Darauf erfolgte der Beschluss, mit einer neuen Programmierung des Online-Konfigurators nochmal komplett von vorne zu beginnen, eine neue Marke zu entwickeln und den Unternehmenswandel für alle sicht- und erlebbar zu gestalten.
Die Entwicklung der neuen Marke „ARMARiO“ in Verbindung mit einer digitalen Erweiterung des Geschäftsmodells habe ich dann im Rahmen eines berufsbegleitenden MBA Studiums weitergeführt. Unterstützt mit dem wissenschaftlichen Hintergrund der Steinbeis Universität wurden gleichzeitig die Prinzipien von Mass Customization, der interaktiven Wertschöpfungskette, Segment of One und der Engpasskonzentrierten Strategie erforscht und in das Geschäftsmodell integriert.

Dreifache Veränderung

Produktivität: Was entstanden ist, ist ein Konstruktions-, Bestell- und Produktionssystem, welches den Prozess beim Kunden von 3 Tagen auf 3 Minuten verkürzt. Durch die digitalen Schnittstellen in die Produktion verkürzt sich gleichzeitig die Produktionszeit von 9 Wochen auf 10 Arbeitstage.

Nachhaltigkeit: Es ist ein System entstanden, welches durch den integrierten Co-Creation Prozess die Kundenanforderungen von Anfang an berücksichtigt und somit genau passende Produkte ab Losgröße 1 produziert.

Skalierung: Seit 2019 verdoppelt sich jedes Jahr der Absatz von kundenspezifischen Sondergehäusen, welche mit Hilfe des kostenlosen Online-Konfigurators ARMARiO konstruiert, bestellt und produziert werden.

 

www.armario.de

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